Es ist 10 Uhr morgens, die Sonne strahlt. Das erste Seminar habe ich mal wieder verpasst. Was soll’s. Ein Erasmus-Studium dient ja in erster Linie dem kulturellen Erfahrungszuwachs. Der beginnt für mich bereits am ersten Morgen. Das Fenster zum malerischen Innenhof steht offen. Die Badfenster der Nachbarn leider auch. Einzug halten verführerische Geräusche aus Mund und Rachen. Das Ganze mal im Duett, Quartett oder auch im Kanon. Ja, die Luft in Lissabon ist zuweilen schlecht. Mir unweigerlich dann auch. Angewidert kaue ich auf meinem Brotkanten herum. Erasmus und Frühstück? Viel zu teuer. Irgendwas muss in den Magen. Schließlich ist heute mein erster Uni-Tag in Lissabon, dem Zentrum portugiesischer Hochkultur.
Nach der Einleitung kaum zu glauben: Lissabon ist wunderschön, und das in all seinen Facetten – ein bisschen melancholisch, herzlich und so gar nicht spanisch! Die Iberische Halbinsel gehört nicht Spanien allein. Wie ein leicht nach links verrutschter Aufschnitt liegt es da, das Land namens Portugal.
Lissabon ist Trend
Die portugiesische Hauptstadt ist schon längst kein Geheimtipp mehr. Erhaben thront die alte Dame auf sieben Hügeln am Ufer des Tejo. Das Panorama strahlt nur so vor lauter Geschichte. In jeder Gasse zeigt sich ihr mediterranes Temperament. Lissabon ist geschichtsträchtig und hochmodern zugleich. Sie vereint prestigeträchtige Bauwerke aus kolonialer Vergangenheit mit denen einer modernen Gegenwart. Mit der Nelkenrevolution verschaffte sie Portugal den demokratischen Respekt. Mit der Weltausstellung im Parque das Nações machte sie auf sich aufmerksam. Mit der ModaLisboa (Lisboa Fashion Week) erkämpft sie sich ihre Stellung im internationalen Mode-Zirkus.
Lissabon – Sehenswürdigkeiten entdecken
Im Internet gibt es zuhauf Top-10-Listen der besten Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Jede unterscheidet sich. Kein Wunder, in der portugiesischen Hauptstadt gibt es an jeder Ecke Historisches zu sehen.
Torre de Belém
In der Avenida Brasília befindet sich der 35 m hohe Turm von Belém. Um 1521 wurde er errichtet, zu einer Zeit, in der Portugal führende Seemacht war. Imposant ragt er aus dem Wasser heraus und begrüßt ankommende Schiffe aus aller Welt. Das Weltkulturerbe ist recht einfach zu erreichen. Zur Avenida Brasilia geht es entweder mit der Regionalbahn Richtung Belém oder per Tram 15.
Castelo de São Jorge
Vom Schloss São Jorge aus genießt man einen tollen Ausblick über die Stadt. Im 14. Jahrhundert war es Sitz des Königs João Jorge. Als das Königshaus im 18. Jahrhundert in die Innenstadt zog, verlor die Festung an Bedeutung. Auf dem Weg dorthin geht es durch den Stadtteil Alfama, ein nach dem großen Erdbeben von 1755 noch komplett erhaltenes Viertel. Alfama unterscheidet sich in Hinblick auf seine labyrinthartigen Gassen deutlich von den Boulevards der Innenstadt.
Ponte 25 de Abril
Um einmal über die Golden Gate Bridge zu fahren, muss man nicht mal nach San Francisco reisen. Lissabon bietet die perfekte Alternative, die Hängebrücke Ponte 25 de Abril. Sie ist für den Zug- und Autoverkehr freigegeben und verbindet Lissabon mit den Vororten auf der anderen Seite des Tejo. Das Datum steht für den Tag des Militär-Putsches gegen die bis dato autoritäre Regierung Portugals, die sogenannte Nelkenrevolution von 1974.
Cristo Rei Statue
Und um einmal die berühmte Christus-Statue zu sehen, muss man auch nicht gleich nach Rio de Janeiro reisen. Eine kurze Überfahrt auf der Ponte 25 de Abril reicht völlig aus und man ist schon da. Die Statue selbst ist 28 m hoch und befindet sich auf einem 82 m hohen Sockel. Oben angekommen, belohnt Cristo Rei mit einem fulminanten Ausblick über die Stadt.
Ponte Vasco da Gama
Beeindruckender und futuristischer ist die Brücke Vasco da Gama. Sie wurde nach dem berühmten portugiesischen Entdecker benannt. Mit 17 km Länge ist sie die längste Brücke Europas. Die Brücke wurde anlässlich der Expo von 1998 erbaut und führt direkt zum Parque das Nações.
Parque das Nações (Oceanário)
Ein ganzes Viertel wurde zur Weltaustellung neu errichtet. Futuristische Wohnanlagen, der Bahnhof Oriente und das Oceanário wurden Ende der 90er neu gebaut.
Das Oceanário ist das zweitgrößte Ozeaneum der Welt. Es fast 500 m³ Wasser und wirkt von außen betrachtet wie ein Flugzeugträger. Mit der roten Metro-Linie Richtung Oriente ist der Park schnell zu erreichen.
Lissabon von oben – Elevador de Santa Justa
In der Rua do Ouro, in der Baixa, direkt neben der Metro Station Baixa-Chiado befindet sich der Elevador de Santa Justa. Der Turm scheint ähnlich drahtig kühl wie der Eiffel-Tum in Paris. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass der Elevador 1902 vom Schüler Gustave Eiffels Raoul Mesnier de Ponsard erbaut worden ist.
Tipp für den Kurz-Trip – Lissabon auf dem Sprung erleben
Lissabon ist hügelig. Einmal quer durch die Stadt bedeutet auf und ab. Das regt die Schweißproduktion an und macht schlechte Laune, besonders im Hochsommer bei über 30 Grad. Besser ist eine Fahrt in der Tram 28. Man steigt an irgendeiner Haltestelle ein und steigt nach einer Fahrt genau dort wieder aus. Die Tram gleicht einer typisch altmodischen Lissabonner „Eléctrico“. Sie schüttelt ihre Fahrgäste ein wenig durch, ruckelt sich durch die Gassen und schleicht die Hügel auf und ab, vorbei an Friedhöfen, Aussichtspunkten und einer Menge Sehenswürdigkeiten. Neben typischen Großstadtgeräuschen ist auch ganz viel Lokalkolorit geboten. Schimpfende Straßenbahn-Fahrer, plaudernde Großmütter im Rudel, Nasal- und Stoßlaute aus Mund und Rachen – Portugiesisch eben.
Tipps zum Ausgehen – Nachtleben in Lissabon
Das Bairro Alto in der Lissabonner Altstadt ist bunt und feierfreudig. Dort trifft sich alles, was weltoffen, schwul oder hetero ist. Die Rua da Rosa oder die Rua da Atalaia entlang und es geht vorbei an Restaurants, Clubs und jeder Menge Bars. Das Portas Largas ist die erste Adresse, um sich auf die bevorstehende Nacht einzustimmen. Die Bar ist stadtbekannt und lockt neben einem herzlichen Empfang mit günstigen Preisen. Die Straßen und Gassen des ältesten Viertels der Stadt sind voll von Einheimischen und Touristen. Alle mit demselben Ziel: Feiern bis zum Morgengrauen.
Schwule ziehen weiter ins Viertel Princípe Real gleich nebenan. Der Rest verteilt sich quer durch die Stadt. In der Rua Gustavo Matos Segueira befindet sich das „Lux“, der angesagteste Club der Stadt. Nationale und internationale DJ-Größen haben dort bereits die Nacht zum Tag gemacht. Ein Highlight ist die Dachterrasse. Von dort aus lässt sich wunderbar den Ausblick auf den Tejo genießen.
Für den Hunger nach der Party lohnt sich der Besuch einer typisch portugiesischen Hafen-Kneipe. Neben Bica (Espresso) oder Galão (Milchkaffee) sorgen kleine portugiesische Spezialitäten für gefüllte Mägen. Im Sommer lässt sich das Ganze auch nach draußen verlagern – an den Hafen der Stadt.
Zur Verdauung eignet sich ein ausgiebiger Spaziergang am Tejo entlang. Frische Luft und ein gefüllter Magen machen nüchtern und bauen Kraftreserven wieder auf. Die sind auch nötig für eine neue Entdeckungstour durch Lissabon.
Ich bin auch ein grosser Lissabon Fan, vor allem das Ozeaneum mit seinen See- Ottern wird mir fuer immer unvergesslich bleiben!!!