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Nachtzug nach Lissabon

Nachtzug nach Lissabon

Fahrt zwischen Kitsch und tragischer Geschichte

Heute entführen wir Euch auf eine literarische und zugleich cineastische Zugreise. Nehmt mit uns den „Nachtzug nach Lissabon„. Wir stellen Euch das Buch und den gleichnamigen Film vor und suchen nach Unterschieden. Bitte alle einsteigen und gute Reise! 😉

Darum geht’s in dem Werk

Raimund (Mundus) Gregorius ist 57 und unterrichtet seit über drei Jahrzehnten an einem Gymnasium in Bern alte Sprachen. Seit langem geschieden, lebt er für seine Bücher, die Schule und spielt vor dem Frühstück gegen sich selbst Schach. Eine einzige Begegnung soll ihn nun aus seinem gewohnten Trott herausreißen.

An einem regnerischen Morgen bewahrt er eine junge Portugiesin davor, sich von einer Brücke zu stürzen. Gregorius ist vor allem von ihrer Muttersprache bezaubert und nimmt sie mit in seinen Lateinunterricht. Noch bevor die Stunde endet, ist die Dame wie vom Erdboden verschluckt. Zur Pause verlässt auch der Lehrer das schulgelände und macht sich auf die Suche. Aber wonach eigentlich? Schließlich fällt ihm ein Buch mit dem Titel „Um ourives das palavras = Ein Goldschmied der Worte“ von 1975 in die Hände. Der Verfasser Amadeu Inácio de Almeida Prado war ein Philosoph und Arzt zu Zeiten der Salazar-Diktatur. Die poetischen Worte des Autors bewegen Gregorius derart, dass er mehr über ihn herausfinden will. Außerdem treibt ihn der Wunsch um, mehr aus seinem Leben zu machen und nach seinem unbestimmten Glück zu streben. Schließlich bricht er mit dem Zug nach Portugal auf.

Vor Ort findet er heraus, dass Prado bereits seit 30 Jahren tot ist. Er starb am Tag der Nelkenrevolution an einer Hirnblutung.

Nach einem kleinen Fahrradunfall verpasst Augenärztin Mariana dem Lehrer eine neue Brille, mit der er klarer sieht. Detektivisch untersucht Gregorius das Umfeld seines neuen Lieblingsschriftstellers. Er besucht Mariana’s Onkel Joao im Altersheim und entlockt ihm beim Schachspielen so manche Information. Der Onkel war Widerstandskämpfer während der Diktatur und kannte Amadeu de Prado. Er zeichnet ein Bild von einem leidenschaftlichen Menschen, der im Untergrund kämpfte und zwischen Liebe und Freundschaft gefangen alles aufs Spiel setzte.

Gregorius träumt von einem ebenso ereignisreichen Leben und scheint Prado zu bewundern. Die Frau mit der alles begann ist übrigens die Enkelin eines berüchtigten Geheimdienstchefs.

Zum Buch

         Autor: Pascal Mercier (Pseudonym für Peter Bieri)

         Erscheinungsjahr: 2004

         Seiten 496

Der „Nachtzug nach Lissabon“ war ein Verkaufsschlager. In 32 Sprachen übersetzt, wurden allein im deutschsprachigen Raum ca. zwei Mio. Exemplare verkauft. 2008 ist ebenfalls ein gekürztes Hörbuch erschienen. In knapp acht Stunden liest Sprecher Walter Kreye das Buch in bedächtigem und langsamem Tonfall. Zum Roman passt das durchaus, man selbst muss jedoch in der richtigen Stimmung sein.

Das Buch lebt weniger von der Handlung als vielmehr von schönen Worten und Gedanken. Die Sprache wirkt kompliziert und es braucht Zeit, bis die vielen Personen und Geschichten eine Gesamthandlung ergeben.

Zum Film

         Originaltitel: Night Train to Lisbon

         Sprachen: Englisch und Deutsch

         Jahr: 2013

         Spielzeit: 110 Min.

         Regie: Bille August

         Drehbuch: Greg Latter und Ulrich Herrmann

         Produktion: Deutschland, Schweiz und Portugal

Jeremy Irons spielt in einer der Hauptrollen Raimund Gregorius. Jack Huston nimmt sich des Autors Amadeo de Prado an. Martina Gedeck ist als Augenärztin Mariana zu sehen. Der großartige Bruno Ganz tritt als Jorge auf, der Prados Freund und Konkurrent in Liebesfragen zugleich ist.

Sämtliche Rollen sind doppelt besetzt, weil fast jeder Charakter als junge und dann als ältere Person vorkommt. Die Verfilmung lebt von Rückblenden in frühere Zeiten und bedient sich in vielen Szenen eines Erzählers. Wichtiges Element sind natürlich die schönen Bilder von Lissabon.

Kleine Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Das geschriebene und gelesene Wort im Roman ist naturgemäß etwas anderes als eine Bild-Ton-Mischung. Der „Nachtzug nach Lissabon“ wirkt im Film mehr dynamisch als im Buch.

Während Gregorius im Film das Buch „ein Goldschmied der Worte“ am Anfang im Mantel der jungen Frau findet, stößt er im eigentlichen Roman in einem Antiquariat darauf. Das Zugticket scheint ihm im Film in die Hand zu fallen und eine Viertelstunde später sitzt er schon im Nachtzug. Im Roman kauft er sich das Ticket und es vergeht schon ein Tag, bis er im Zug nach Lissabon abdüst. Der Schulleiter bekommt zur Abmeldung im Roman einen Brief und im Film wird’s der Anruf unterwegs. Im Verlauf kehrt er im Buch nach Bern zurück, während er gegen Filmende in Lissabon bei seiner neu gewonnenen Freundin Mariana bleibt. Im Vergleich zu den Machern des Films bedient sich der Autor mehrerer Personen.

Gemeinsam ist Film und Buch, wie ich finde, ein leicht übertriebener Hang zum Romantischen. Allerdings gleichen die philosophischen Elemente und der historisch-politische Hintergrund den Kitsch wieder aus. Der Text ist poetisch geschrieben, teils schwer zu lesen und überladen. Den Film empfehle ich unbedingt, beim Buch ist es bei mir bisher nur bei Leseversuchen geblieben.

Fazit: Ein Zufall, der ein ganzes Leben ändert? Eine schöne Vorstellung!

One comment

  1. Ja, du hast ganz Recht, das Buch ist wirklich schwere Kost, aber der Film ist grossartig!!

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